"Einfach zu schlecht": Sommer redet nicht um den heißen Brei herum

Inter Mailand hat vieles richtig gemacht in dieser Saison. Zur Wahrheit gehört aber auch: In gleich vier Wettbewerben sind die Nerazzurri auf der Zielgeraden gestolpert. Der größte Crash erfolgte dabei an diesem Samstag im einseitigen Champions-League-Finale gegen PSG. Und nun? Stolz und etwas Unsicherheit herrscht vor.
Nach magischen Abenden folgte ein trister in München für Inter um Keeper und Ex-Münchner Yann Sommer. IMAGO/Ulrich Wagner
Von einem "wahren Alptraum" sprach die Gazzetta dello Sport. Laut Tuttosport rettete das historisch hoch mit 0:5 von Paris Saint-Germain vom Platz gefegte Inter Mailand "weder die Würde noch die Ehre". Und für La Repubblica war klar: "PSG vernichtet die Mailänder. Die Nerazzurri brechen unter den Hieben der Pariser zusammen."
Kurzum: Nach Fußballfesten wie den beiden CL-Halbfinalduellen mit dem FC Barcelona (3:3 und 4:3 nach Verlängerung) in dieser insgesamt guten Saison lagen die Nerazzurri wie ein ausgeknockter Boxer in der Ringecke.
Auf vier kassierte Volltreffer lässt sich die Spielzeit dabei auf den Punkt bringen: So hatten die stolzen Lombarden - angetreten als amtierender Serie-A-Meister - zunächst das Finale der Supercoppa gegen Stadtrivale AC Mailand in den Sand gesetzt (2:3 nach 2:0). Im Anschluss hatte Milan Inter auch noch aus dem Coppa-Halbfinale gekegelt (0:3 im Rückspiel), ehe der FC Internazionale im spannenden Meisterrennen auch noch gegenüber Scudetto-Träger Napoli leer ausgegangen war. Und nun? Nun verpasste das starke Pariser Kollektiv um Doppelpacker Desiré Doué, Khvicha Kvaratskhelia und Vitinha Inter den finalen Kinnhaken.
"Ein dunkler Tag für Inter""Die Enttäuschung ist groß, es war ein tougher Abend heute", gab der fünfmal hinter sich greifende Yann Sommer in den Katakomben der Münchner Allianz-Arena im ZDF-Interview unumwunden zu. Der ehemalige Bayern-Profi und langjährige Gladbacher ergänzte nach seiner Rückkehr an alte Wirkungsstätte: "Wir haben kein gutes Spiel gemacht, wir waren in vielen Punkten einfach zu schlecht, um ein Champions-League-Finale zu gewinnen."
Sein Team sei an diesem Abend einfach nicht klargekommen mit PSG, das von Beginn an stark gepresst, Druck entfacht und schlicht besser gespielt hatte. Sein Mitspieler Denzel Dumfries konnte diesen Eindruck nur bestätigen: "Wir konnten es heute nicht auf den Platz bringen, das müssen wir wie Männer akzeptieren. Sie haben verdient gewonnen, wir haben es nur verdient, ins Finale zu kommen. Es ist ein dunkler Tag für Inter."
"Es gibt Anfragen aus Italien, dem Ausland, aus Arabien"
Bedient, enttäuscht, niedergeschlagen: Inter Mailand um Trainer Simone Inzaghi (li.). IMAGO/MIS
Trainer Simone Inzaghi, der wie gewohnt über den gesamten Spielverlauf und trotz am Ende aussichtsloser Ergebnislage Leidenschaft an der Seitenlinie vorgelebt hatte, sagte derweil: "Der Pfad bis hierhin war großartig. Aber dieses Spiel war natürlich nicht genug von unserer Seite. Das tut weh genauso wie nach dem Finale von Istanbul (0:1 gegen Manchester City vor zwei Jahren; Anm. d. Red.). Auch wenn es dieses Mal ein anderes (weil klareres; Anm. d. Red.) Spiel war."
Er könne seinen Spielern, auf die er stolz sei, aber nichts vorwerfen: "Wir haben alles gegeben, haben 58 Pflichtspiele diese Saison gehabt. Diese hässliche Niederlage verpasst uns selbstredend eine große Bitterkeit, aber sie löscht nicht aus, was wir bis hierhin schon zusammen erreicht haben."
Ins gleiche Horn blies Sommer nach dieser kräftezehrenden Spielzeit ohne einen Pokal in den Händen: "Ich bin trotzdem sehr stolz auf unser Team, auch wenn am Ende nur die Titel zählen - das ist mir bewusst. Trotzdem haben wir vieles gut gemacht und viele, viele gute Spiele gemacht." Nun sei es "wichtig, ein paar Tage Auszeit zu haben". Dann gehe es weiter, genauer gesagt mit der schon am Horizont erscheinenden Klub-Weltmeisterschaft in den USA. Dort ist Inter Teil von Gruppe E und startet mit dem Spiel gegen CF Monterrey ins Turnier (18. Juni, 3 Uhr).
Höchstwahrscheinlich wird dann auch Erfolgstrainer Inzaghi, seit 2021 in Mailand im Amt und zweimaliger Pokalsieger sowie einmal Meister mit den Nerazzurri, weiterhin an der Seite stehen und agieren. Auch wenn der 49-Jährige im Vorfeld dieses CL-Finals seine Zukunft (Vertrag bis 30. Juni 2026) noch etwas offengelassen hatte. Hintergrund: Aus Saudi-Arabien von Al-Hilal soll Inzaghi ein monströses Angebot mit 50 Millionen Euro Gehalt pro Saison vorliegen. "Es gibt Anfragen aus Italien, dem Ausland, aus Arabien", hatte der Coach auf der Pressekonferenz gesagt und ergänzt: "In diesem Moment wäre es verrückt, daran zu denken. Jetzt konzentrieren wir uns auf Samstag. Am Tag danach werden wir, wie wir es immer getan haben, mit den Klubbesitzern reden, und zwar mit einem einzigen Ziel: Inters Erfolg."
Nach dem kassierten 0:5 fügte Inzaghi noch an: "Nach zwei verlorenen CL-Finals in drei Jahren herrscht für den Moment große Enttäuschung vor, um jetzt über die Zukunft zu sprechen. Es wird aber die Zeit kommen, um in Ruhe mit dem Klub zu sprechen." Ein wenig Sorge im Lager der Inter-Fans dürfte also bestehen, auch wenn Mailands Präsident Beppe Marotta noch sagte: "Diese Niederlage beeinträchtigt das Bild von ihm nicht. Er hat noch ein Jahr Vertrag und hat über die bisherigen vier Jahre bewiesen, dass er der richtige Mann für den Job hier ist. Wir werden uns nächste Woche zusammensetzen für ein Treffen." Dann werde man sehen ...
kicker